Bis zum Einzug in den Neubau haben Bauherren zahlreiche Hürden zu nehmen, angefangen bei der Finanzierung und Baugenehmigungen, über den Abschluss des Bauvertrags bis hin zur Bauabnahme. Die förmliche Bauabnahme ist für den Bauherrn eine riskante Sache, da sie zahlreiche rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Was sich hinter dem juristisch schlanken Satz „Mit der Bauabnahme übergibt der Bauunternehmer dem Bauherrn die fertige Bauleistung und der Bauherr erkennt die Leistung als vertragsgerecht an.“ verbirgt, erkennen Bauherren meist erst, wenn sie die Abnahme (nicht selten) recht blauäugig unterschrieben haben.
Risikopotenzial im Überblick
Für den Bauherrn hat die Abnahme zahlreiche Folgen, insbesondere
• Der Werklohn des Unternehmers wird fällig.
• Es findet eine Beweislastumkehr statt. Nach der Abnahme muss der Bauherr das Vorhandensein von Mängeln beweisen.
• Die Frist für die Verjährung von Mängelansprüchen beginnt zu laufen
• Der Erfüllungsanspruch des Bauherren erlischt
• Die Gefahr einer Beschädigung/Zerstörung der Bauleistung geht auf den Bauherren über
Nicht umsonst drängen Bauunternehmer gerne auf Abnahme, die, wenn sie als mangelfrei vorgenommen wird, gleichsam einen Freibrief für den Unternehmer darstellt. Hierauf hat der Unternehmer aber auch einen einklagbaren Anspruch, wenn es nichts zu beanstanden gibt. Auf der anderen Seite muss der Bauherr spätestens bei der Abnahme eventuelle Mängel entdecken und sich vorbehalten, dass diese noch vom Bauunternehmer behoben werden.
Hohes Risiko ohne Fachkunde
Auch wenn die förmliche Abnahme nicht zwangsläufig schriftlich protokolliert werden muss, so wird doch meist ein Protokoll gefertigt, das sowohl vom Bauherrn als auch vom Bauunternehmer unterzeichnet wird. Allerdings verfügen „normale“ Bauherren im Regelfall nicht über die erforderliche Sachkenntnis, um sämtliche Mängel tatsächlich zu erkennen. Im Hinblick auf die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der Abnahme empfiehlt es sich daher, diesen Rechtsakt durch einen Bausachverständigen begleiten zu lassen. Dieser Fachmann sollte zuvor auch den Bauplan und die Baubeschreibung eingesehen haben. Das ist umso wichtiger, als mit der Bauabnahme zugleich auch quittiert wird, dass das Werk vollständig erstellt ist. Ohne entsprechende fachliche Begleitung besteht für den Bauherrn höchstes Risiko, dass die Abnahme zu seinem Nachteil ausfällt.
Versäumnisse rächen sich später
Der Spruch „Spreche jetzt oder schweige für immer“ gilt für die Bauabnahme im Besonderen und kann bei Nichtbeachtung fatale Folgen haben. So ist ein unvollständiges Protokoll nur einer der Fallstricke, in die man unbedarft geraten kann. Beispielsweise muss sich der Besteller, also der Bauherr, bei der Abnahme eine eventuell vereinbarte Vertragsstrafe sowie Beseitigungsansprüche für Mängel, die leicht allerdings erkennbar sind oder ihm bekannt waren, ausdrücklich vorbehalten. Versäumnisse können böse Folgen haben. All dies ist einem Bausachverständigen natürlich bekannt. Von daher ist es seine Aufgabe, sich vor Bauabnahme über den Vertrag und den vereinbarten Leistungsumfang zu informieren und den Termin in sachlicher Atmosphäre durchzuführen, wobei er aber auch mit Nachdruck auf bestehende Mängel hinweisen und protokollieren muss. Zugleich hat er mit dem Bauunternehmer die nächsten Schritte für die abschließende Mängelbeseitigung abzustimmen und, je nach Auftragsumfang, auch die Gewährleistungsfristen zu überwachen.
Praxistipp:
Der Einsatz eines Baugutachters bei der Abnahme lohnt sich schon allein deshalb, weil dieser dem Bauherrn dafür haftet, wenn er erkennbare Fehler nicht entdeckt oder protokolliert. Kommt es also später zum Streit mit dem Bauunternehmer, so wird der Gutachter dem Bauherrn gerne argumentativ zur Seite stehen, um nicht selbst in die Haftung zu kommen.